Sind wir noch ganz dicht?

Sind wir  noch ganz dicht?

Nein, wir werden hier nicht katholisch. Wir sind nur dankbar.

Wir haben es wieder mal so einzurichten versucht, dass wir am Sonntag einen Gottesdienst besuchen können. Nach Möglichkeit einen, von dem wir auch thematisch und persönlich etwas mitnehmen können. Oft genug ist dies schon zu unserer eigenen Überraschung gelungen.

Das Internet gibt nicht so immens viel her. Leider sind die Kirchen und ihre Gemeinden, was ihre Informationspolitik angeht, die größten Schlamper. Auch hier in Moldawien. Eine Mailanfrage beim Bund evangelischer freikirchlicher Gemeinden, der über eine Moldawienreise eines Mitglieds berichtet hatte, brachte uns nur die Kontaktadressen des Präsidenten des moldawischen Baptistenbundes und seines Generalsekretärs. Ersteren schrieben wir an wegen möglicher Adressen und erhielten als Antwort, dass wir herzlich willkommen seien. Danke aber auch.

So blieb noch Tante Google, und prompt nannte uns Maps drei Kirchen in Chisinau. Aus Erfahrung trauen wir auch diesen Angaben ungern, und so war unser erster Weg in der Hauptstadt (über die Stadt selbst später mehr. Nur so viel: Die Stadt ist groß. Richtig groß.) am Samstagnachmittag das „Abklappern“ der angegebenen Standorte. Gut so: Gleich die erste Adresse führte uns in eine Sackgasse, wo man alles vermuten konnte, nur keine Kirche. Freundliche Anwohner wiesen uns den Weg zur richtigen Stelle. Eine große moderne Kirche. Natürlich zu, aber immerhin draußen ein Banner mit den Gottesdienstzeiten: Sonntags von 10 bis 12, nachmittags noch mal von fünf bis halb sieben. Prima. Aber erst mal die anderen angucken. Jetzt wurde es spannend: Mitten in der Stadt fand ein großes Volksfest statt, alle möglichen Straßen und Plätze waren gesperrt oder als Parkplatz umfunktioniert. Es gab kein Entrinnen, weil auch Garmin (das Navi) völlig überfordert war. Irgendwann fanden wir uns sogar auf irgendwelchen Waldwegen wieder. Wer den Film „CUBE“ gesehen hat, weiß, was ich meine.

Bis auf wenige hundert Meter hatten wir uns an die Kirche herangearbeitet, als wir vor einer Industrieanlage strandeten. Wieder mal Google Maps konsultiert, als ein junger Mann mit seinem Auto neben uns hielt. In fließendem Deutsch fragte er, ob er uns helfen könne. Wir zeigten ihm die Kirche und ihre Adresse auf dem IPad, er hängte sich ans Handy, und dann lud er uns ein, hinter ihm her zu fahren. Er kannte sich gut aus, und aus den paar hundert Metern Distanz wurden viele Kilometer Fahrstrecke. Allein hätten wir keine Chance gehabt! Da war sie, die Kirche, und unser Lotse freute sich. Er erwähnte noch, dass er ein Jahr in Deutschland war, und dass diese Zeit einen anderen (besseren) Menschen aus ihm gemacht hat. Ach so. Wer ihn kennenlernen möchte: Valentin Avram. Hochzeitsfotograf.

Es wurde schon spät, und wir hatten noch kein Quartier. Also schnell noch zur dritten Kirche: Wir hatten nur die Koordinaten ohne Adresse, und auch diese Suche war schwierig: Die Kirche duckt sich am Rand neben hässlichen Wohnsilos hinter hohe Bäume und einen ebenfalls hässlichen dichten Zaun. Um sie zu finden, muss man sich über einen verwahrlosten Parkplatz fummeln. Kein Schild, kein sonstiger Hinweis, dass es sich um die gesuchte Kirche handeln könnte. Zufällig entdeckte ich einen gut versteckten Klingelknopf. Mutig drückte ich drauf, und binnen Sekunden öffnete ein Mann einen Spalt im Zaun. Leider sprach er ausschließlich offenbar russisch, und es gelang uns nicht, irgendetwas von ihm zu erfahren. Na ja, wir haben ja noch zwei …

Jetzt aber schnell aus der Stadt und ein (Not-)Quartier gesucht. Wenige Minuten vor Sonnenuntergang fanden wir einen hässlichen Platz neben einer maroden Fabrikruine. Als wir ins Gras fuhren, knackte es. Wir waren über eine Flasche gefahren, und die Scherben steckten senkrecht im linken Hinterreifen. Zum Glück blieb es beim Schrecken. Alles dicht.

Aber eine Frage bleibt: Sind WIR noch ganz dicht?