Fazit Moldawien - eine Rückschau

Fazit Moldawien - eine Rückschau

Ein paar Tage sind wir nun schon raus aus Moldawien – der richtige Zeitpunkt, unseren Besuch dort ein wenig Revue passieren zu lassen.

Einige Punkte haben wir ja schon in anderen Beiträgen angesprochen, man verzeihe die Wiederholung.

Was wir hier schreiben, sind persönliche Erfahrungen sowie Zusammenhänge, die wir von den Einheimischen erfahren. Also stets subjektiv.

 

Grenze

Moldawien (korrekt: Die Republik Moldau) ist tatsächlich benannt nach dem Fluss Moldau. Aber nicht nach DER Moldau, die man von Smetana kennt, sondern nach der Moldau, die in und durch Rumänien fließt. Und dabei keinen einzigen Meter durch Moldawien. Wir haben uns den Fluss in Rumänien angeschaut: Ist auch bloß Wasser.

Zuerst: Man hört und liest immer wieder von unsäglichen Grenzkontrollen mit Schikanen und illegalen Geldforderungen. Nichts davon haben wir erfahren, ganz im Gegenteil: So höflich, zuvorkommend und korrekt wünschen wir uns jeden Grenzübertritt.

 

Straßen

Unser erster Eindruck: Hierzu muss ich noch mal auf die Ukraine ansprechen. Wir haben die Ukraine sehr schätzen gelernt, die Menschen, die Gastfreundschaft, die Herzlichkeit und die Schlichtheit, mit der sie uns entgegenkamen. Kiew als Stadt ist eine eigene Reise wert. Ansonsten aber wirkt die Ukraine maximal pragmatisch: Es wird nur das Nötigste gemacht, und oft nicht mal das. Der unsägliche Straßenzustand ist symptomatisch.
Ganz anders Moldawien. Gleich hinter der Grenze haben wir tatsächlich aufgeatmet: Wir konnten das Auto endlich mal wieder rollen lassen, ohne Gefahr zu laufen, es im nächsten Krater zu versenken.

Linienbus in Moldawien

 

Menschen und Land

Das Land ist arm, die meisten Menschen haben gerade mal so viel, dass sie knapp überleben. Oft nicht mal das (dazu später mehr). Trotzdem sieht und spürt man allerorten, dass die Menschen sich Mühe geben, ihre Umgebung ein bisschen hübsch zu gestalten. Die Brunnen am Wegesrand funktionieren, die Gehwege sind nicht von Unkraut überwuchert, Zäune rosten nicht vor sich hin, und  Müll wird, wenn es auch keine funktionierende Müllabfuhr gibt, wenigstens an Schwerpunkten gesammelt. Nett und aufgeräumt, ohne gleich in schwäbische Kehrwochenmentalität zu verfallen.

Nett und aufgeräumt sind auch die Menschen. Meistens: Was sie mit allen anderen ehemaligen Ostblockstaaten gemeinsam haben, ist eine arge Muffeligkeit bei Dienstleistungen. Es ist keineswegs selbstverständlich, dass eine Verkäuferin auch nur aufschaut, wenn man einen Laden betritt. Allerdings ist das Desinteresse schnell verflogen, wenn man selbst freundlich den Kontakt sucht. Das war früher anders.

Moldawien ist ein sehr kleines Land. Nicht nur räumlich, sondern besonders von der Bevölkerung her. Etwas mehr als drei Millionen Einwohner. Das ist nicht viel. Und die teilen sich noch auf: Etwa die Hälfte lebt in der Hauptstadt Chisinau („Kischinau“) bzw. im direkten Umfeld. Die Stadt hat durchaus westliches Großstadtflair, einen beachtlich modernen Flughafen und erstaunlich viele Kirchen. Darunter mehrere baptistische, von denen die größte über tausend Mitglieder hat. Die kleinste nur noch sechzehn.

Rund 150.000 Menschen leben im Süden in Gagausien, einer Region mit Teilautonomie. Sie gehören aber zur Republik Moldau.

Trekker mit Stroh

Terminal Flughafen Chisinau

 

Transnistrien

Anders Transnistrien: Der östliche Teil Moldawiens hat sich komplett abgekoppelt und hängt sich schwer an Russland an. Hat als Währung einen eigenen Rubel und eine eigene Regierung. Und eine halbe Million Einwohner, die dem „eigentlichen“ Land fehlen. Dazu, wie wir sehen konnten, eine scharf bewachte Grenze zum moldawischen Kernland. Die Einreise nach Transnistrien ist für Touristen eine schwierige. Und die „richtigen“ Moldawier sind entgeistert, wenn man ihnen sagt, dass man auch mal Tiraspol (die Hauptstadt Transnistriens) anschauen möchte. Den Besuch eines Klärwerks würden sie ja noch verstehen …

International zählt Transnistrien immer noch zu Moldawien, und es ist bisher von keinem anderen Land als Staat anerkannt worden.

Keine guten Voraussetzungen für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Und so ist es denn auch:

 

Wirtschaft

Moldawien ist ein bitterarmes Land. Die Durchschnittsrente beträgt 50 Euro. Nicht am Tag, nicht pro Woche, sondern im Monat! Jeder, der zwei funktionierende Hände hat, versucht sein Glück im Ausland. Zurück bleiben die Kinder und die Alten. Das führt dazu, dass eine ganze Generation Kinder ohne Eltern bei den Großeltern aufwächst. Die Menschen können sich eine Familie einfach finanziell nicht leisten. Ärzte gehen nach dem Studium ins Ausland, wo sie als Krankenschwester und -pfleger das mehrfache von dem verdienen wie daheim im Arztberuf.

Das Land lebt fast ganz von der Landwirtschaft. Das ist arbeitsintensiv. Nun fehlt ein großer Teil der arbeitsfähigen Bevölkerung, was dazu führt, dass besonders die Viehwirtschaft zu großen Teilen darniederliegt. Ergebnis: Es gibt nicht mal genug Milch. Milch ist mittlerweile teurer als Schnaps. Und das zielt auf die Nummer zwei der Hauptsorgenfelder der moldawischen Wirtschaft: Es gibt ein gigantisches Alkoholproblem.

Unangefochtene Nummer Eins der Probleme aber ist die Korruption, die das ganze Land lähmt.

Ein ganz neu gebauter Brunnen

 

Sehenswürdigkeiten

Sehenswürdigkeiten im touristischen Sinn hat Moldawien kaum zu bieten: Ein paar nette Klöster – darunter sehenswerte Höhlenklöster, zu denen dann hin und wieder auch ein Reisebus findet. Als Auswärtiger kann man aber lange suchen. Hinweisschilder gibt es praktisch keine. Geschweige denn Erklärungstafeln. Und die zwei oder drei ausschließlich auf Moldawisch. Oder so. Der als „moldawische Copacabana“ gerühmte Strand bei Vadul lui Voda an der Tyra erweist sich als reizloser Strand mit ein paar Karaoke-Bars, von denen bei unserem Besuch drei Viertel geschlossen waren.

Ein sehr schönes Kloster

Copacabana von Moldawien

Der höchste Berg des Landes misst 430 Meter. Viel mehr ist nicht.

Landschaft in Moldawien

 

Fazit

Nun wird sich der Leser fragen: Was will man da, wenn alles so furchtbar ist? Ganz einfach: Das Land und die Menschen dort verströmen einen Charme und eine Herzlichkeit, verbunden mit einer fröhlichen Unverdrossenheit, dass es einem warm ums Herz wird. Man merkt ständig: Die Menschen WOLLEN! Und sie freuen sich wirklich über jeden, der sich für sie und ihr Leben interessiert.

Ganz klar: Wir werden wieder hinreisen. Außerdem haben wir da noch ein paar Kleinigkeiten zu erledigen. Wir haben nämlich Freunde gefunden. Das verpflichtet. Zum Glück!

So trinkte man Wasser aus einem Brunnen