Seit einigen Wochen toben wir nun schon durch die albanischen Berge. Das fällt mir nicht immer leicht, weil ich (der Zausel) Höhenangst habe und leicht in Panik gerate, wenn die Straße scheinbar unter mir verschwindet und der Blick mal eben 200m tiefer am Boden einer Schlucht landet. Es können auch mal 400m sein. Oder mehr. Und dann kommt Gegenverkehr, dem wir ausweichen müssen. Natürlich zum Abgrund hin.
Immerhin können wir uns bei unserer Kraxelei auf die angepasste Technik unseres Toyota Hilux namens FELIX verlassen. Allradantrieb mit allen denkbaren Sperren, verstärkte Bremsen, spezielle Räder, Gewindefahrwerk für größere Bodenfreiheit und und und ...
Olaf hat all das nicht. Olaf hat Olga. Olga ist ein kleiner Van von Toyota vom Typ HiAce, minimalistisch ausgebaut zum kleinen Wohnmobil.
Irgendjemand hat Olaf erzählt, seine Olga habe Allradantrieb.
Hat sie nicht.
Kein bisschen.
Dafür Reifen mit der Profillosigkeit eines Christian Lindner.
Wir treffen Olaf und Olga im Bergdörfchen Lekdush an einem Brunnen. Olaf ist sehr groß, sehr blond und sehr nett. Wir stellen fest, dass wir uns für denselben Rundkurs hoch droben interessieren. Profis, die uns eine Wegbeschreibung geliefert haben, beschreiben einige Passagen mit „unabdingbar sind Allrad, zuschaltbare Getriebeuntersetzung und hohe Bodenfreiheit". OLGA ???
Es ist schon später Nachmittag, und wir beschließen, erst einmal einen gemeinsamen Übernachtungsplatz zu suchen.
Und bald schon finden wir prompt eine wunderschöne Wiese, auf der sogar schon eine Feuerstelle angelegt ist für ein zünftiges Feuer für unsere Muurikka. Das ist eine Art überdimensionale Outdoor-Grillpfanne. Da fliegt alles drauf, was sich brutzeln lässt.Es wird ein schöner langer Abend. Mit Olaf ist trefflich plaudern. Über Gott und die Welt. Nun ja, mehr über die Welt als über Gott, aber schließlich findet auch jener das gebührende Interesse.
Am nächsten Morgen, wir hocken beim gemeinsamen Frühstück, kommt ein Paar mit einem Allrad vorbei auf exakt jenem Kurs, den wir auch in Angriff nehmen wollen. Wir zeigen auf Olga und schicken das Paar quasi als Scouts voraus: Sie fahren die kritische Passage hoch, was für ihr Auto kein großes Problem darstellen sollte, und beurteilen, ob das auch für Olga machbar sein könnte. Wenn wir nichts hören, wäre alles okay, wenn Sie aber meinen, das sei nicht zu schaffen, hupen sie, wenn sie oben angekommen sind. Und los geht’s .
Minute um Minute verrinnt, und wir hören nur Motor und Gerumpel. Schließlich sind die beiden oben - und dann hupt es lange und vernichtend. Wir müssen unseren Plan begraben.
Wir? Begraben? So weit käme es noch!!!
Julie und Olaf schnappen sich unseren Felix, um die Sache selbst zu begutachten. Schon kraxeln sie empor. Ich kann nur gespannt hinterherblicken. Nach langer Zeit sind sie wieder da und grinsen: „Passt schon!“ Also wird umgestiegen: Ich steige in den Felix zu Julie, und Olaf nimmt in Olga Platz.
Felix scharrt schon mit dem Rädern. Aufi geht‘s!
Die Piste ist fordernd, und wir rumpeln über grobe Felsen steil bergan. Felix hat immerhin etwa eine dreiviertel Tonne Gewicht in Form unserer Kabine auf dem Buckel, die auch leicht ins Wanken gerät. Interessanter aber ist Olga: Verblüffend agil kämpft sie sich über Felsstufen wie auch gröbstes Geröll und schwankt dabei wie ein besoffener Seemann. Aber irgendwann ist doch Schluss: Hilflos paddeln die Antriebsräder, Olga schüttelt sich, kommt aber nicht mehr voran. Sie muss an den Haken. Zum Glück haben wir einen „richtigen“ Bergegurt dabei. Ein „normales „ Abschleppseil würde uns um die Ohren fliegen.
Und schon zerrt Felix die Olga auf den Berg; vielleicht 50 Meter, dann geht es wieder ein Stück mit eigener Kraft.
Dreimal müssen wir Olaf und Olga an den Haken nehmen, dann ist die anspruchsvolle Strecke bewältigt.
Einen Fastherzanfallauslöser hatten wir auch: Es war so steil, dass Olga im Stand (!) begann, rückwärts zu rutschen. Nach einem guten Meter kam sie glücklich zum Stillstand. wäre sie weitergerutscht, so wäre sie unweigerlich in den Abgrund gepurzelt.
Nicht lustig ...
So etwas schweißt zusammen. Und so beschlossen Julie, Olaf und ich, den Rest der Tour auch noch noch gemeinsam in Angriff zu nehmen. Es wurden drei tolle Tage und vor allem Abende am knisternden Lagerfeuer, Olga und Felix ließen wir für sich kuscheln.
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Der Trackspatz guckt immer erst mal drauf, ob's sich nicht schon wieder um Werbe-Spam handelt
Nur zwei mal...
Super geschrieben Zausel! Lieben Dank...aber, Olga war nur zwei mal am Haken! Einmal für weniger als 10 Meter am Steilstück wo sie rückwärts rutschte, beim zweiten mal etwas länger an einem Steilstück kurz vor der Kuppe!
Erwähnenswert war noch die Stelle wo ein Antriebsrad in der Luft hing, wo ich dachte Olgas Getriebe wäre vernichtet!
Und nochmals: LIEBEN DANK FÜR UNSERE TOLLE ZEIT!