Theth klingt englisch, ist aber albanisch. Albanischer geht‘s fast nicht. Aber der Reihe nach:
Nachdem wir Montenegro so intensiv und ausführlich erkundet haben, wie man es in diesem kleinen Land kaum für möglich hält (eigener Bericht), trieben wir unseren armen Felix gen Albanien. Genauer: Gen Theth und daran vorbei.
Nun ist Theth nicht irgendein Ort im Nirgendwo. Theth steht irgendwie für das Hochamt der Offroad- und Allradlerszene. Die Strecke von Koplik nach Theth und weiter nach Shkodra beträgt 130 km und zeichnet sich dadurch aus, dass sie über Stock, Stein und anderes Zeug führt, an dem sich ein Auto vorzüglich verbiegen lässt. Wir wissen das: Bereits vor zehn Jahren sind wir diese Piste mit einem SUV gefahren, den wir für geländetauglich hielten. Die Hinterachsreparatur kostete 6000 Euro.
Theth selbst kennen wir noch als verschlafenes Nest mit einer Kirche und dem „Blutracheturm“. In diesen konnten sich die von der albanischen Blutrache bedrohten Männer flüchten, bis ihre Familien ein rettendes Abkommen mit den rachedurstigen Familien getroffen hatten. Dazu eine Gastwirtschaft, vor der ein Dutzend Motorräder stand. Mehr gab‘s nicht. Auf halber Strecke übernachteten wir auf einer kleinen Wiese neben der Straße und wunderten uns über den anhaltenden Fahrzeugstrom in unserer Richtung. Das verhieß keine Idylle mehr. Und tatsächlich gab es am nächsten Tag regelrechten Kolonnenverkehr. Und lebhaften Gegenverkehr. Eine felsige Kletterpiste mit einer Breite für allenfalls eineinhalb Fahrzeuge am Abgrund ohne Leitplanke mit bröckeligen Rändern, dafür mehrere Kreuze und Grabsteine für all die, die mit ihren Fahrzeugen in eben dieser Schlucht verschwunden sind.
Natürlich liegt der Abgrund auf der Beifahrerseite. Also auf meiner (also dem Zausel seiner...).
Wir wunderten uns schon arg über den starken Verkehr. In Theth angekommen, sahen wir die Erklärungen: Zum einen ist das Dorf nach wenigen Jahren kaum wiederzuerkennen. Gab es dort nur ein sehr einfaches Restaurant, so reiht sich jetzt ein nagelneues „Guesthouse“ ans andere. Campingplätze? Die freie Auswahl.
Aber noch bedeutender fürs Verkehrsaufkommen war der Umstand, dass just an diesem Wochenende ein großes Rockfestival stattfinden sollte. Und man war mitten im Aufbau. Ein faszinierendes Gewusel war allerorten zu beobachten. Nun, das war dann doch nichts für uns. In einem netten Café tranken wir unseren obligatorischen Cappuccino und flüchteten dann schnellstmöglich nach Süden Richtung Shkodra.
Um von Theth über die schwierigere Südroute wegzukommen, müssten wir erst die Furt eines Flusses überqueren, der nach Regenfällen viel Wasser führt und durchaus als reißend bezeichnet werden kann. Es hatte geregnet. Und der Fluss war reißend. Das Wasser stieg deutlich über die Türkante. Das sah nach Fußbad und nach langer Trocknungsaktion aus. Aber unser Felix blieb dicht und brachte uns trocken ans andere Ufer.
Und nach wenigen Tagen hatten sich meine Hände auch wieder entkrampft, mit denen ich mich ebenso verzweifelt wie sinnlos am Sitz festgekrallt hatte, wenn neben und unter mir wieder nur eines zu sehen war: Abgrund.
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Der Trackspatz guckt immer erst mal drauf, ob's sich nicht schon wieder um Werbe-Spam handelt